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this post was submitted on 20 Oct 2023
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Deutschland
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Sammelbecken für deutsche Kartoffeln und ihre Geschichten über Deutschland.
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MODERATORS
Der Artikel verliert sich recht schnell in einer Diskussion der aktuellen Lage im nahen Osten und geht fast nicht auf die in der Überschrift genannte Problematik ein.
Ich muss sagen dass das hier angesprochene Verständnis dieser "deutschen Schuld" immer schon eine sehr seltsame war aus meiner Sicht (in den frühen 1980ern geboren hier in Deutschland). Statt dass man sagt "So etwas schreckliches wie den Holocaust sollte nie wieder irgendeine Gruppe einer anderen antun und wir werden unser bestes tun das zu verhindern, am besten schon zukünftige (aus Sicht der unmittelbaren Nachkriegszeit) Bewegungen die in diese Richtung gehen im Keim zu ersticken" war die deutsche Perspektive immer schon sehr rückwärts gewandt "Wir haben eine Schuld dieser spezifischen Gruppe gegenüber (den Juden) und wir werden unser bestes tun das nie zu vergessen, das einzige Ereignis was zählt ist der Holocaust und egal was zukünftig (aus Sicht der unmittelbaren Nachkriegszeit) passiert, alles wird ignoriert weil der Holocaust so schlimm war dass unsere Perspektive auf Dauer fest ist".
Oder anders ausgedrückt, ich bekomme oft den Eindruck dass Leute denken der Holocaust wäre schlimm gewesen weil er den Juden passiert ist, nicht weil dabei Millionen von Menschen entmenschlicht, erniedrigt, gequält, gefoltert, traumatisiert und/oder getötet wurden. Und in der Folge den Eindruck dass Leute denken eine Wiederholung davon vermeiden hieße Juden vor allem zu beschützen statt Menschen im Allgemeinen vor besonders schlimmen und grausamen Behandlungen durch andere Menschen.
Mir scheint vor allem, dass der Holcaust häufig auch als Maßstab genutzt wird. Alles, was nicht so schlimm ist wie selbiger, ist erstmal ok. Wir hatten ja schon schlimmeres. Das kann's halt irgendwie auch nicht sein. "So schlimm wie die NSDAP sind die ja nicht.", "So schlimm wie Hitler ist der Typ nicht.", "Das ist nicht das selbe, wie Juden zu deportieren." etc. pp
Klar ist - zum Glück - noch nichts wieder auf dem selben Level angekommen. Aber wollen wir echt solang lächelnd nickend zusehen, bis wir wieder auf diesem Level sind?
Nene, da hast du was in den falschen Hals bekommen. Sowas ist mir noch nicht untergekommen. Das Problem ist vielmehr, dass total viele Leute dazu neigen Genozide auf die Stufe des Holocaust zu stellen - was logischerweise eine Relativierung des Holocaust ist. Das Phänomen ließ sich neulich erst beim Holodomor beobachten. Meine Fresse haben sich die Leute gezankt, sogar Habermas war wieder involviert. Ich habe mich in Grund und Boden für diese Debatte geschämt.
Ich habe den Artikel nicht gelesen und werde es auch nicht machen, weil mir schon die Schlagzeile nicht passt. Deine Punkte sind interessant und ich kann sie nachvollziehen. Ich finde den Diskurs um die Schuld auch immer sehr merkwürdig. Ich persönlich habe keine Schuld und ich werde auch nicht einsehen warum ich eine haben sollte. Was ich jedoch habe ist eine Verantwortung dafür, dass dass sowas nicht nochmal passiert. Indem wir von Schuld reden geben wir auch den ganzen rechten Dreckssäcken da draußen ein wenig recht, denn die hängen sich an diesem Wort permanent auf. Schuld haben hauptsächlich die Täter und sekundär noch alle, die das geduldet haben. Diese Generation stirbt aber mittlerweile aus. Womit es schwer wird noch von einer Schuld zu sprechen. Das mit der Verantwortung ist komplexer und ausführlicher und auch universeller und das ist wichtig. Leider redet kaum jemand von dieser Verantwortung und die kommt im öffentlichen Diskurs auch weniger vor und ich denke das liegt daran, weil eine Verantwortung allumfassender ist und nicht einfach aus dem Weg geräumt werden kann. Und da wird es halt auch interessant, denn unsere geschichtliche Aufarbeitung ist bis heute für den Arsch und stark revisionistisch geprägt. Ich erläutere das jetzt nicht, weil mir das zu weit geht. Ich will noch auf was anderes hinaus.
Das mit den Opferzahlen ist so eine Sache, da fallen viele drauf rein. Es geht sehr vielen Menschen in der Aufarbeitung nur um reine Zahlen und das ist ein Fehler. Es geht um spezifische Form der Gewalt und Entmenschlichung. Wir reden im Falle des Holocaust von einem industriellen Völkermord und diesen gab es in der Geschichte der Menschheit bisher so noch nicht. Das ist wichtig zu verstehen und das ist auch das worauf Habermas immer hinauswollte. Es ist eine ganz andere Qualität der Gewalt. Völkermorde hatten wir schon ganz viele in der Geschichte der Menschheit, aber einen industriellen Völkermord? Das ist eine ganz andere Liga. Und was auch wichtig ist: Indem wir nur vom Holocaust reden, vergessen wir auch die ganzen anderen Opfer. Der Holocaust beschränkt sich normalerweise - in der spezifischen Bezeichung, auf die Verbrechen an den Juden. Aber es gab noch andere Randgruppen, die entmenschlicht und ermordet wurden. Und das ist auch das Problem an der Sache mit dem Aiwanger-Flugblatt. Übrigens ein gutes Beispiel für falsche Bezeichnungen. Das Aiwanger-Flugblatt war nicht einfach nur antisemitisch. Es war vielmehr als nur antisemitisch.
Das mit der Schuld und Verantwortungsfrage sehe ich natürlich genau so. Als jemand der Jahrzehnte nach Kriegsende geboren ist trage ich keine Schuld an Ereignissen die vor meiner Geburt statt gefunden haben. Vielleicht ist das auch einer der Gründe warum mein Fokus eher auf Verhinderung ähnlicher Ereignisse in der Zukunft liegt. Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern, egal wie schrecklich sie ist, aber bei der Zukunft haben wir da noch eine Chance.
Also mir hat noch nie jemand gesagt, dass ich Schuld an dem Krieg vor meiner Geburt habe.
Wie oft passiert das bei euch?
Persönlich noch nie, aber die Debatte kommt öfters auf, was man alleine an der Schlagzeile hier sieht.
https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/504213/kollektivschuld/
Es geht nicht um die Alliierten. Schau nochmal in die Schlagzeile und überlege worum es hier geht. Ich bin auch schon auf die Rechten eingegangen.
Was für Leute sind das, deiner Meinung nach, die soetwas behaupten?
Diana Zinkler z.B.
Guter Text. Aber reden wir überhaupt von einer persönlichen Schuld? Nach meinem Verständnis geht es vor allem um eine staatsbürgerliche Schuld. Sprich die Schuld liegt beim deutschen Staat und damit hat jeder Bürger eine gewisse Verantwortung in dieser Hinsicht, auch wenn ihn selbst natürlich keine persönliche Schuld mehr trifft.
Was ist eine staatsbürgerliche Schuld? Also entweder reden wir von einer staatlichen oder einer staatsbürgerlichen Schuld. Insofern ist die staatliche Schuld natürlich interessant, weil die BRD der rechtliche Nachfolger des deutschen Reiches ist. Aber dadurch hat der Staat eine Verantwortung und nicht automatisch alle Bürger. Finde ich schwierig. Warum sollte ich auch automatisch an meinen Staat gebunden sein? Also rechtlich muss ich mich an die Regeln halten, aber warum sollte ich dadurch an die Schuld gebunden sein?
Nochmal zur persönlichen Schuld. Wir reden davon nicht. Also du nicht und ich nicht. Aber und das ist wichtig: So manche Autoren, die das Thema dadurch immer wieder popularisieren und den Diskurs verschieben.