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Mit dem Elan eines politisch interessierten Spätpubertierenden habe ich mich jedes Wochenende hingesetzt. Mit denen, die sich „abgehängt“ fühlten. Die, die von den Medien nur als „Protestwähler“ abgestempelt wurden, ohne ein wirkliches Interesse an den tatsächlichen Beweggründen für ihr Kreuz rechts der Mitte
Ich habe mich hingesetzt und zugehört. Mehr war es häufig gar nicht. Leicht alkoholisiert, erzählten mir Familienväter, Freunde von Freunden und völlig Fremde von ihren Gründen, AfD zu wählen.
Die Argumentationskette war dabei immer dieselbe: Erst ein Ausgangsproblem – sagen wir, Arbeitslosigkeit –, dann eine Aneinanderreihung von gefühlten Wahrheiten und abschließend eine Schuldzuweisung. Ende der Zehnerjahre waren die Schuldigen bei solchen Gesprächen immer Geflüchtete. Heute ist es häufig eine Melange aus Grünen, Die Da Oben, der bösen Antifa und, immer noch, Geflüchteten.
Das Schöne an diesen politischen Debatten an Biertischgarnituren war jedoch die finale Einsichtigkeit vieler. Durch blankes Zuhören und gelegentliches Fragenstellen konnten sich alle am Tisch Beteiligten häufig auf ein „Ach, so schlimm ist es doch eigentlich gar nicht“ einigen. Das gab mir immer wieder neue Hoffnung – na ja, mindestens bis zum nächsten Wahltermin.
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Jedes Mal wenn eine neue Schlagzeile die Runde machte, egal ob es die Hetzjagd auf Geflüchtete im November 2016 oder das abgebrannte Flüchtlingsheim am Husarenhof wenige Monate zuvor war, fand man mich auf Social Media in Verteidigungshaltung in die Tasten hauen. Denn ich war der festen Überzeugung, dass die Mehrheit der Bautzner und die Mehrheit in der gesamten Oberlausitz für eine offene und gerechte Gesellschaft kämpfen würden.
Retrospektiv würde ich das wohl jugendliche Naivität nennen. Jede einzelne überregionale Berichterstattung der Folgejahre und spätestens die Coronazeit nahmen mir den Glauben und verwandelten ihn in Ekel, Trauer und Unverständnis.
Eine gesamte Generation von Oberlausitzern kämpft Tag für Tag mit dem Gefühl des Heimatverlustes. Jeder Heimatbesuch macht uns bewusst, dass die nette Bäckersfrau von früher, der alte Fußballkollege aus Kindheitstagen oder auch der eigene Onkel endgültig der Propaganda des Hasses verfallen sind.
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„Du willst ins Bimbo-Hotel?“
„Wie bitte?“, erwidern ich und mein bester Freund gleichzeitig und sichtlich verwirrt.
„Na, da hamse 2017 die Kanaken eingepfercht!“, bekommen wir mit einem fetten süffisanten Grinsen ins Gesicht geworfen.
Es ist kurz vor drei Uhr und ich steige unweit meiner Geburtsstadt in ein Taxi mit einem latent rassistischen Fahrer.
Ich bin erschöpft und lasse die gesamte Fahrt über sein Gesabbel über mich ergehen. Wieder sage ich nichts und schlucke den Frust auf diesen verlorenen Fleck Erde einfach runter.
Was bleibt, ist der Schmerz und die Angst, dass in wenigen Tagen hier eine Partei voller rassistischer Taxifahrer regieren könnte, die mir und Tausenden jungen Oberlausitzern die Heimat stehlen wird.