this post was submitted on 14 Dec 2025
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[–] trollercoaster@sh.itjust.works 3 points 1 week ago* (last edited 1 week ago) (1 children)

Verteidigung gegen imperialistische Mächte ist auswuchernde Militarisierung. Und Länder, die von diesen Mächten schon direkt militärisch angegriffen werden, nicht militärisch unterstützen, ist internationale Solidarität. Alles klar. Wie schmeckt Putins Stiefel eigentlich?

[–] kossa@feddit.org 6 points 1 week ago* (last edited 1 week ago) (1 children)

Debatten im 21. Jahrhundert

- "Ich mag Militär und Aufrüstung nicht"

- "Aha, du leckst wohl Putins Arschloch sauber!"

Konstruktive Diskussion 👌

[–] trollercoaster@sh.itjust.works -1 points 1 week ago* (last edited 1 week ago) (1 children)

Ich bin auch kein großer Freund von Militär und Aufrüstung. Es ist aber leider ein notwendiges Übel. Denn so Leute wie Putin scheren sich einen Scheißdreck um internationales Recht, die nehmen sich, was sie wollen, wenn man es nicht ausreichend verteidigt. Und dass es solche Imperalisten gar nicht erst versuchen, braucht es wirksame Abschreckung. Die Ukraine hatte zu wenig Abschreckung, deshalb hat Putin gedacht, das wäre in einer 3-wöchigen "Spezialoperation" erledigt. Hätten die keine Wehrpflicht und damit sehr viele Reservisten gehabt, wäre das auch so ausgegangen.

Eine Wehrpflicht ist übrigens die einzige Möglichkeit, ein potenziell sehr großes Militär zu haben, ohne die ganze Gesellschaft komplett durchzumilitarisieren, denn man braucht nur eine begrenzte Zahl an Soldaten unter Waffen. Die ehemaligen Wehrpflichtigen sind nach ihrem Dienst eine Reserve, auf die man im Verteidigungsfall schnell zurückgreifen kann. Eine reine Berufsarmee (verklärt als "freiwilliger" Militärdienst) müsste wesentlich größer sein, denn da hat man Reserven praktisch nur in Form der aktiven Soldaten und in sehr geringem Umfang Reservisten. Außerdem ist eine Wehrpflicht die einzige Methode, das Militär wenigstens einigermaßen zu demokratisieren, denn freiwillig beruflich machen das praktisch nur Leute mit einer bestimmten Einstellung und das ist gefährlich.

Optimal wäre es, die Verteidigung der EU auf gemeinsame Beine zu stellen mit einem gemeinsamen Militär. Leider fehlt dafür jetzt die Zeit, nicht zuletzt, weil unsere politische Kaste verpennt hat, spätestens bei der ersten Wahl von Donald Trump zu reagieren. Es war zu bequem, sich auf der amerikanischen Abschreckung auszuruhen. Diese Abschreckung ist leider gegenüber Putins Russland keinen Pfifferling mehr wert. Viel mehr stellen die im Rahmen der NATO in europäischen Ländern stationierten US-Truppen inzwischen offensichtlich ein Risiko dar, denn die stehen unter dem Oberbefehl eines größenwahnsinnigen Spinners, der von Putin kontrolliert wird.

Ein weiterer Faktor, der gerne im Rahmen der Diskussion über die Wehrpflicht vergessen wird, ist die nichtmilitärische Verteidigung in der Form von Zivilschutz. Der ist nämlich seit der Aussetzung der Wehrpflicht in einem bedauernswerten Zustand, weil da sehr viel Personal weggebrochen ist. (Kein Wehrdienst mehr heißt auch kein Ersatzdienst mehr)

Wenn das Gegen"argument" immer nur ist "ich mag aber kein Militär" oder "zWaNgSaRbEiT" egal, wie die Lage in der Welt aussieht, ist keine konstruktive Diskussion möglich.

[–] kossa@feddit.org 2 points 1 week ago (1 children)

Mir geht's halt immer um diese random "Du liebst Putin, also ist die Diskussion hier zu Ende"-Takes.

Als Analogie: bei Straftaten gibt es auch immer Streit um das Strafmaß. Beliebtes, hochemotionales Thema: Vergewaltigungen. Die einen wollen am besten die Todesstrafe und vorher Eier abschneiden, die anderen wollen irgendwie Resozialisierung und ein präventives, aber menschliches Strafsystem. Wenn man Letzteren jetzt immer unterstellt, dass sie ja Vergewaltiger lieben, nur weil sie nicht die Todesstrafe wollen...fühlt man sich vielleicht gut, aber es stimmt halt nicht: niemand mag Vergewaltiger.

Die Gegenrede, ohne dass man automatisch Putin liebt, ist halt: Abschreckung hat leidlich gut im Kalten Krieg funktioniert (leidlich, weil frag' mal die Länder, die Opfer von Stellvertreterkriegen wurden, aber "funktioniert", weil die unmittelbar beteiligten Staaten nicht im Krieg waren). Das ist aber historisch eine große Ausnahme. Ansonsten führte jede Aufrüstung in Todesspiralen. Niemand hat je angefangen, alle haben sich immer nur verteidigt. Aber klar: wenn ich aufrüste, fühlt mein Gegner sich bedroht. Irgendwann entlädt sich das.

Was kann man ohne Aufrüstung (zunächst) gegen Putin tun? Endlich mal richtig sanktionieren, wir verfeuern halt immer noch chillig russisches Gas. Auch da sanktionieren, wo man der eigenen Wirtschaft schadet. Das könnte man ja abfedern. Im Moment wollen wir irgendwie den Kuchen haben und essen.

Internationale Allianzen befördern, um auch andere Staaten zur Sanktionierung zu bewegen. Geld bewegt viel. Man kann ja Indien bessere Deals anbieten, wenn sie auch aufhören russisches Gas zu kaufen.

Wenn man unbedingt abschrecken will, könnte man auch über den Ausbau eines europäischen nuklearen Schutzschildes debattieren. Das ist zwar auch Aufrüstung, aber durch den Kalten Krieg eben als besser funktionierend belegt als konventionelle Aufrüstung.

Die hybride Kriegsführung ernstnehmen.

das Militär wenigstens einigermaßen zu demokratisieren

Ja, wenn wir das nicht anders schaffen als per Wehrdienst? Ähm, dann will ich noch weniger Militär. Das ist ja auch imner, was mich stark umtreibt. Solange wir am Rande einer AfD Regierung wandeln, ist es ja richtig dumm aufzurüsten...da stellen wir Putin ein schlüsselfertiges, großes Militär hin, dass der einfach übernimmt? Weiß ich nicht.

[–] trollercoaster@sh.itjust.works 1 points 1 week ago* (last edited 1 week ago)

Wenn man unbedingt abschrecken will, könnte man auch über den Ausbau eines europäischen nuklearen Schutzschildes debattieren. Das ist zwar auch Aufrüstung, aber durch den Kalten Krieg eben als besser funktionierend belegt als konventionelle Aufrüstung.

Das funktioniert auch nur in Kombination mit konventioneller Abschreckung, denn wenn man nur strategische nukleare Abschreckung hat, fehlt ein glaubwürdiger Eskalationspfad. Niemand wird Dir abnehmen, dass Du wegen einer kleinen Grenzverletzung die Vernichtung der gesamten Welt lostreten wirst, denn genau darauf läuft ein strategischer Atomschlag hinaus.

Im kalten Krieg wurde deshalb auch massiv auf konventionelle Abschreckung gesetzt. Sehr viel davon wurde alllerdings nach dem vermeintlichen Ende des kalten Krieges abgerüstet.

Außerdem müssen auch die Kapazitäten zu einer glaubwürdigen nuklearen Abschreckung erstmal aufgebaut werden. Innerhalb der EU hat nur Frankreich eine sehr begrenze Kapazität auf dem Gebiet. Die französische Zweitschlagskapazität besteht primär aus 4 Raketen-U-Booten, von denen jeweils 2 permanent einsatzbereit auf See sind, das sind insgesamt 32 Raketen, die theoretisch jeweils bis zu 6 Sprengköpfe tragen können. Klingt erst mal nach einer ganzen Menge. Praktisch hängt das aber an den 2 U-Booten. Wenn ein Gegner glaubt, die aufspüren und ausschalten zu können, bevor sie ihre Raketen starten können, wird die Luft dünn. Insbesondere, wo sich zunehmend abzeichnet, dass eine nukleare Abschreckung der EU sich nicht nur gegen einen, sondern gegen mehrere potenzielle Gegner richten muss. Dass einer der Gegner Russland ist, ist klar, die USA sollte man aber auch nicht mehr als Verbündeten sehen, und China tritt weltpolitisch auch zunehmend aggressiv auf.

Großbritannien als Partner hab ich mal bewusst ausgeklammert, nicht nur, weil die nicht in der EU sind, sondern wegen deren politischen Instabilität (Brexit und Nachwirkungen), außerdem benutzen die auf ihren strategischen Raketen-U-Booten amerikanische Trident-Raketen. Auch wenn die sich nicht remote abschalten lassen, können die USA die mittelfristig durch Einstellung der Ersatzteilversorgung lahmlegen. Von der Kapazität her liegt Großbritannien ungefähr gleich mit Frankreich.